Zur
Biographie des Krankenpflegers und Gewerkschafters Emil Fritz
(1895-1984)
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Horst-Peter
Wolff
1.
Einleitung: Krankenpfleger in Stuttgart
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In
der Geschichte der Krankenpflege Deutschlands begegnet man
Krankenpflegern, die sich berufspolitisch und als Autoren
hervorgetan haben, nicht gerade häufig. Über die wenigen
Vertreter sind außerdem bis jetzt kaum biografische Angaben in
den verbreiteten Lehrbüchern der Pflegegeschichte zu finden.
Das schien zu rechtfertigen, über diesen Fachkollegen
biografisch zur forschen.
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Emil
Fritz wurde in Illkirch bei Straßburg (Elsaß) am
14.02.1895 in einer kinderreichen Metallarbeiterfamilie geboren und
besuchte in Straßburg die achtklassige Volksschule. Er trug
dann zunächst mit Gelegenheitsarbeit zum Lebensunterhalt seiner
Familie bei und begann schließlich am 1. 04. 1913 in einem
Krankenhaus der evangelischen Diakonie in Karlshöhe
(Württemberg) die wenige Jahre zuvor erstmalig gesetzlich
geregelte Ausbildung zum Krankenpfleger. Als er diese Ausbildung
abschloss, war inzwischen der Erste Weltkrieg vom Zaume gebrochen
worden. Emil Fritz ließ sich vom allgemein vorherrschen
Hurrapatriotismus fortreißen und meldete sich als
Kriegsfreiwilliger. Zum 15. 05. 1915 wurde er zum Sanitätsdienst
eingezogen und im Sommer 1918 als Sanitätsgefreiter in
Frankreich verwundet. Damit ging das Kriegsabenteuer für ihn
relativ glimpflich zu Ende.
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Im
Oktober 1918 wurde Emil Fritz nach seiner Genesung und Entlassung
vom Militär im Bürgerspital Stuttgart als Krankenpfleger
eingestellt. Das Haus wurde von dem Neurologen August Fauser
(1856-1938) geleitet und hatte eine Belegung, wie sie damals für
Hospitäler in Deutschland typisch war, d.h. es war vor allem
eine Pflegestätte für alte, sieche" (unheilbar)
und (degenerativ) chronisch Kranke. Die Neurologen benutzten diese
Einrichtungen zur weiteren wissenschaftlichen Verselbständigung
ihres Fachgebietes, die im Schosse der Inneren Medizin begonnen
hatte und sich jetzt stärker mit der Psychiatrie verband. Auch
im Bürgerspital Stuttgart wurde klinisch geforscht.
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Hier
trat Fritz als Krankenpfleger zum 01. 11. 1918 in den Verband der
Gemeinde- und Staatsarbeiter d.h. in die freie Gewerkschaft ein und
wurde zum 01. 01 1922 außerdem Mitglied der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Der Verband der Gemeinde-
und Staatsarbeiter war seit der Jahrhundertwende die erste
Gewerkschaft, in der sich das freie Pflegepersonal, d.h. das
außerhalb der Mutterhausverbände und Schwesternschaften
beruflich tätige, organisieren konnte. Ihre Sektion
Krankenpflege wurde auf der 3. Reichskonferenz in Reichssektion
Gesundheitswesen umbenannt. Diese wuchs auf 50.000 Mitglieder an und
wurde damit zur stärksten gewerkschaftlichen Organisation im
Gesundheitswesen der Weimarer Republik. Emil Fritz wurde nicht nur
nominelles Mitglied, sondern war auch sofort zu praktischer
politischer Arbeit bereit. 1920 ließ er sich in den
Betriebsrat des Bürgerspitals wählen, ab 1923 fungierte er
als dessen Vorsitzender, und mit Beginn des Jahres 1925 setzte seine
publizistische Mitarbeit an der Gewerkschafts-Fachzeitschrift
SANITÄTSWARTE ein.
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Die
Sanitätswarte erschien als Gewerkschaftsorgan seit
1901, zuerst herausgegeben vom 1898 gegründeten Verband des
Massage-, Bade- und Krankenpflegepersonals, der sich 1904 mit dem
Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter zusammenschloss und die
Sanitätswarte als Beilage zu dessen Organ GEWERKSCHAFT
weiter erscheinen ließ. Als Fritz in den Kreis der Mitarbeiter
eintrat, wirkte Emil Dittmer (1873- um 1953) als Chefredakteur der
Sanitätswarte. Dittmer war gelernter Buchdrucker
und ein sprachkundiger, weitgereister Autodidakt, seit 1907 Lehrer
an der Berliner Arbeiterbildungsschule und nach dem Kriege u.a. als
gewählter Stadtverordneter in Berlin Mitglied der Deputation
für das Gesundheitswesen des Magistrates. Er setzte mit den
sozialdemokratischen Mehrheitsverhältnissen z.B. 1920 die
obligatorische Ausbildung des von der Stadtverwaltung beschäftigten
Krankenpflegepersonals durch, während sie allgemein in Preussen
1907 nur fakultativ eingeführt worden war.
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2.
Redakteur der Sanitätswarte"
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Der
Beginn der publizistischen Mitarbeit an der Sanitätswarte stand
in engem Zusammenhang mit der Wahl von Emil Fritz zum Vorsitzenden
der (gewerkschaftlichen) Landesfachkommission des Pflegepersonals in
Württemberg und der wiederum damit verbundenen Wahl zum
Mitglied der Reichsfachkommission. Nach der Gründung des
Reichsbundes der Beamten und Angestellten in den öffentlichen
Betrieben und Verwaltungen wurde Fritz zum 1. September 1928 als
hauptamtlicher Redakteur eingestellt und verlegte seinen Wohnsitz
von Stuttgart nach Eichwalde bei Berlin. Unter der Leitung von
Dittmer arbeitete er in den folgenden Jahren weiter an der
Sanitätswarte sowie an den Zeitschriften
BEAMTEN-GEWERKSCHAFT und ARBEITSRECHT mit.
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Dittmer
folgte konsequent dem politischen Kurs seiner Gewerkschaft, die sich
gegen die ultralinken Ziele der Kommunisten abgrenzte und die
Zusammenarbeit mit der SPD hochhielt. Die Nationalsozialisten
kennzeichnete er in seinen Presseorganen lediglich als die
Prätorianergarde" des großen Kapitals, die
ausschließlich der Steigerung der Dividenden diente. Nach dem
Machtantritt Hitlers versuchte er bis April 1933 vorsichtig den
Spielraum zu ermitteln, den die nationale Revolution" der
Gewerkschaft scheinbar noch ließ. Der Redakteur Emil Fritz
ging einen Schritt weiter:
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Als
am 2. Mai 1933 die freien Gewerkschaften verboten wurden, verhaftete
die SA Dittmer und sperrte ihn erst in einer ihrer Kasernen in der
Parochialstraße, dann in Plötzensee ein. Emil Fritz
durfte in die Stelle des Hauptschriftleiters aufrücken und gab
noch bis September 1933 die Sanitätswarte weiter
heraus. Unter der Überschrift Gemeinnutz geht vor
Eigennutz" rief er in der Sanitätswarte die
BerufskollegInnen zum Aufbau des neuen Deutschland" auf
und unterstellte sich dem NS-Topfunktionär Erich Hilgenfeldt
(1897-1945) in dessen Eigenschaft als vorläufiger Reichsleiter
der nationalsozialistischen Reichsarbeitsgemeinschaft der
Berufe im sozialen und ärztlichen Dienst e.V. (RAG)". Die
vorletzte Ausgabe der Sanitätswarte erschien dann
schließlich schon mit dem Hakenkeuz und behandelte u.a. das
Thema Rassenpflege und Bevölkerungspolitik". Der
Hauptschriftleiter Emil Fritz, ehemaliges Mitglied der inzwischen
ebenfalls verbotenen SPD, beantragte sogar seine Aufnahme in die
NSDAP, wurde aber abgewiesen.
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Dieser
Vorgang zwingt zunächst zu dem Schluss, den deutschen
Krankenpfleger und freien Gewerkschafter Emil Fritz in der
berufspolitischen Bewertung denjenigen Krankenschwestern an die
Seite zu stellen, die sich ebenfalls willig der NS-Führung in
der Phase der Konsolidierung der Macht über die deutsche
Krankenpflege andienten. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang
u.a. Margarethe Dieckmann (geb. 1885), Mitglied der
Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands (B.O.K.D.)
und alte Kämpferin" der NSDAP, für die es
natürlich selbstverständlich war, sich im Mai 1933 an die
Spitze der Reichsfachschaft der Schwestern und Pflegerinnen"
berufen zu lassen, die sich aber im Oktober 1933 von der Dresdener
B.O.K.D. Schwester Amalie Rau (1888-1974) ablösen lassen
musste; oder die Fürsorgerin Auguste Mohrmann (1891-1967), die
1933 die Leitung der Diakoniegemeinschaft übernahm.
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Was
Fritz von diesen dreien aber deutlich abhob, war seine politische
Vergangenheit mit einer deutlicher links vom Nationalismus
angesiedelten Position. Es begegnet damit die Pflegegeschichte in
Deutschland in seiner Biografie dem Phänomen, daß sich
nicht nur in christlicher Ethik erzogene BerufsvertreterInnen von
den nationalsozialistischen Machtinhabern korrumpieren ließen,
sondern auch in sozialistischer Ethik. Letzteres gerät
allerdings noch mehr in die Nähe des Verrates, wenn man auf die
unzähligen Genossen von Fritz blickt, die damals und später
für ihre politische Überzeugung und ihr damit getragenes
Handeln von den Nazis ermordet worden sind.
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Nachdem
auch die Sanitätswarte ihr Erscheinen einstellen
mußte, wurde Emil Fritz noch von November 1933 bis Juni 1935
in der zur RAG gehörenden Reichsfachschaft für
Krankenpfleger" weiterbeschäftigt, die von einem bis jetzt
noch weitgehend unbekannten Herrn Biber geleitet wurde. Dass Fritz
dann diese Stelle aufgeben musste, kann nicht in erster Linie als
Repressalie gegen ihn gedeutet werden, sondern war ganz einfach die
Folge der 1935 im Ergebnis von innerparteilichen
Auseinandersetzungen stattfindenden Auflösung der RAG.
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Fritz
war anschließend als Verwaltungsangestellter beim Berliner
Arbeitsamt sowie in den Bezirksämtern Köpenick und
Charlottenburg tätig, eine Arbeit, die ihn vermutlich wenig
befriedigen konnte. Denn er ging zum 1. Mai 1937 wieder in seinen
Beruf als Krankenpfleger zurück und zwar in eine psychiatrische
Heil- und Pflegeanstalt. In diesen Anstalten setzte damals, wie für
den Berliner Raum nachgewiesen werden konnte, die Vorbereitung des
Pflegepersonals auf die in Aussicht genommene Tötung psychisch
Kranker als sog. Euthanasie-Maßnahme durch
Fortbildungsveranstaltungen zum Thema der Erb- und Rassenlehre ein,
Themen, denen Fritz schon in den letzten Nummern der Sanitätswarte
Platz eingeräumt hatte und die für ihn offensichtlich
längst zum beruflichen Grundwissen eines deutschen
Krankenpflegers gehörten.
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3.
Der Fachbuchautor in der NS-Zeit
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Als
Krankenpfleger verfasste und veröffentliche Emil Fritz in
dieser Zeit seine Monographie Die Krankenpflege in Gesetz und
Recht. Gesetzessammlung für Schwestern und Krankenpfleger".
Eine Schrift zur Rechtskunde in der Zeit der NS-Herrschaft in
Deutschland kann natürlich nicht anders bewertet werden, als
eine staatsbürgerliche Leistung für eben diesen NS-Staat,
auch wenn die darin behandelten Gesetze und Verordnungen zum großen
Teil aus der Zeit der Weimarer Republik übernommen waren. Wenn
also nicht schon mit der Öffnung der Sanitätswarte
für die nationalsozialistische Ideologie die neue politische
Position von Emil Fritz erkennbar gewesen sein sollte, dann dürfte
sie es zumindest mit dem Erscheinen seiner dem NS- Rechtsstaat"
dienenden Schrift vom Jahre 1937 geworden sein. Die Anerkennung
blieb nicht aus. Bei Kriegsausbruch 1939 wurde Emil Fritz als
Sanitätsunteroffizier zur Wehrmacht eingezogen.
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Viele
Mitglieder der SPD wurden nach Verurteilungen wegen illegaler
Widerstandsarbeit ab 1943 bestenfalls zu den sog. Strafbataillonen
eingezogen. Nicht so Fritz: 1940 nach Straßburg in die engere
Heimat versetzt und später nach Luxemburg, fand er in den
Reihen der Wehrmacht - während tausende Schwestern,
Schwesternhelferinnen und Sanitätsdienstgrade an der Front und
in den okkupierten Gebieten ihr Leben aufs Spiel setzen mussten -
Zeit und Muße zu weiterer fachschriftstellerischer Arbeit: Er
bearbeitete Neuauflagen seines gemeinsam mit Peter Franz Schüssler
verfaßten Buches über das Tarifrecht und verfasste den
Katechismus Der Krankenpflegeunterricht in Frage und Antwort".
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In
der Katechese gibt es auf jede Frage nur eine als richtig
sanktionierte oder - wie hier im Fall des gedruckten
Unterrichtsmittels - als richtig vorgegebene Antwort, die folglich
auswendig gelernt werden muß. Die Katechese ist damit die
Methode, mit der dem Lernenden der Gedankengang des Lehrenden
aufgezwungen wird. Sie repräsentiert damit autoritäre und
in diesem Sinne reaktionäre pädagogische Maximen. Wer ein
solches Mittel - leider findet man sie in der Pflegeausbildung bis
heute! - einsetzt, muß sich eine dementsprechende negative
Bewertung seiner didaktischen Leistung als Drill gefallen lassen.
Sie korrespondierte hervorragend mit den autoritären Ansprüchen
der nationalsozialistischen Menschenführung, die Unteroffizier
Fritz als Lehrbuchautor, wie sich zeigt, zeittypisch zu praktizieren
verstand. Schon von der Methodik her, aber erst recht mit seinem
Inhalt stellt dieses Buch Emil Fritz unmissverständlich als
willigen Propagandisten des von den Nationalsozialisten als
völkisches Glaubensbekenntnis in den Krankenpflegeunterricht
eingebrachten Gedankengutes der Erb- und Rassenpflege"
bloß. Er identifizierte sich mit der nationalsozialistischen
Ideologie und benutzte ihr Vokabular, anders ausgedrückt: Emil
Fritz exponierte sich als Nazi, ohne das Parteibuch der NSDAP
erlangt zu haben.
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Es
ist nicht auszuschließen, daß er sich durch uns nicht
näher bekannte Umstände zu einer solchen Haltung gezwungen
sah. Es heißt, daß er im April 1945 durch ein
Standgericht wegen Führerbeleidigung und Wehrkraftzersetzung
verurteilt worden ist. Daran muss gewisser Zweifel angemeldet
werden, denn die Schergen, die noch wenige Tage vor der
bedingungslosen Kapitulation Deutschlands Soldaten wegen derartiger
Vergehen" aufgriffen, machten - wie zahlreiche
Fotodokumente belegen - mit den Opfern in der Regel kurzen Prozess.
Derartiger Zweifel soll aber letzten Endes für die Bewertung
des Sanitätsunteroffizieres Fritz nicht wesentlich sein. Nach
dem militärischen Zusammenbruch Nazideutschlands entging er
längerer Gefangenschaft, stellte sich in Württemberg-Baden
sofort in den Dienst der wiedererstehenden freien Gewerkschaft und
war bereits am 1. August 1945 hauptamtlicher Fachgruppenleiter für
das Gesundheitswesen.
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4.
Leitender Redakteur der Gewerkschaft ÖTV
Auf Grund seiner
alten Beziehungen zum deutschen Verlagswesen gelang es Fritz zum 01.
07. 1946 die Sanitätswarte zunächst als ein
selbständiges Blatt außerhalb der Gewerkschaft
wiedererscheinen zu lassen. Im Vergleich dazu gelang es der
inzwischen in der sowjetischen Besatzungszone im Freien Deutschen
Gewerkschaftsbund entstandenen freigewerkschaftlichen Organisation
der nichtärztlichen Berufe erst zum 01. 07. 1949 das der
Sanitätswarte adäquate Organ unter dem neuen Namen DIE
HEILBERUFE erscheinen zu lassen. Die westdeutsche
Sanitätswarte war zu diesem Zeitpunkt durch Emil
Fritz in die Trägerschaft der Gewerkschaft Öffentliche
Dienste Transport und Verkehr (ÖTV) überführt worden.
Zum 01. 05. 1949 ließ er zum ersten Mal das von ihm
redaktionell betreute zentrale Organ Öffentlicher Dienst,
Transport und Verkehr erscheinen und daneben noch das
Mitteilungsblatt für Funktionäre.
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Zwischen
1946 und 1957 meldete sich Fritz mit etlichen Beiträgen erneut
publizistisch in der deutschen Krankenpflege zu Wort: 1946 war es
das gewerkschaftliche Statement Weltliche und geistliche
Krankenpflege". 1948 folgte der Jubiläumsartikel 50
Jahre Sanitätswarte", der allerdings das Gründungsjahr
des Verbandes des Massage-, Bade- und Krankenpflegepersonals 1898
kühn zum Gründungsjahr der Sanitätswarte
erklärte, obwohl deren Jahrgänge, wie sich jeder
überzeugen kann, erst von 1901 an gezählt wurden. Im
gleichen Jahr äußerte sich der Chefredakteur des Organs
Zum Plan einer Hochschule für Schwestern in Heidelberg",
Zu den letzten
Beiträgen gehörte wiederum ein historischer Rückblick
unter der Überschrift 50 Jahre Kampf um Ausbildung in der
Krankenpflege", der, vom ersten westdeutschen Nachkriegsgesetz
des Jahres 1957 ausgehend, konstatieren mußte, dass in der
Bundesrepublik die Krankenpflege noch immer nicht zwingend eine
vorangehende Ausbildung und staatliche Prüfung verlangte und
dass in dieser Beziehung seit 1907 auf der Stelle getreten wurde.
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Seit
1955 häuften sich kritische Stimmen zur
Gewerkschaftspublizistik, für die Emil Fritz verantwortlich
zeichnete. Besonders auf dem 3. Gewerkschaftstag in München
1958 geriet er in die Kritik der Delegierten, so daß der
Hauptvorstand zum 15. Oktober die Wahl eines neuen Redakteurs
beschloss und sich von Emil Fritz verabschiedete.
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Im
Ruhestand beschäftigte er sich weiterhin mit berufspolitischen
Themen und bereitete noch einmal zwei Veröffentlichungen in
Buchform vor, die beide 1964 erschienen. Die Gewerkschaftliche
Organisation der Krankenschwestern" stellt das Credo seiner
gewerkschaftlichen Nachkriegsarbeit dar, in der er wesentlichen und
erfolgreichen Einfluss auf die Wiederbelebung der Organisierung der
Freien Schwestern genommen hatte. Einen umfassenden historischen
Überblick bietet dagegen sein bis heute zitiertes Hauptwerk der
letzten Jahrzehnte seines Wirkens: die Problematik der
Krankenpflege und ihrer Berufsverbände". Die dort
enthaltenen ausführlichen Zitate der Auseinandersetzungen um
notwendige Veränderungen in der westdeutschen Krankenpflege
machen es für den Pflegehistoriker zu einer sehr informativen
Sekundärquelle über die fortschrittsfremden Querelen der
ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte.
Rein deskriptiv
blieben aber in diesem Buch leider auch die wenigen Seiten über
die organisatorischen Veränderungen der Verbände, die durch
das NS-Regime erzwungen wurden. Kritik oder gar Selbstkritik wurden
von Fritz hier geflissentlich ausgeklammert und somit die Chance
vertan, die Aberrationen eines Gewerkschafters sozialdemokratischer
Prägung während der Zeit zwischen 1933 und 1945 der
Nachwelt kausal zu erklären. Mit dieser Frage muß sich der
Pflegehistoriker auf der Suche nach weiteren bis jetzt noch
unerschlossenen Quellen zur Fritz-Biographie tiefer schürfend
befassen, denn Fritz, vorläufig eingeordnet in die Gruppe der
vom NS-Regime früh korrumpierten deutschen Pflegefunktionäre,
hat schließlich während der Kriegs- und Nachkriegszeit
nicht wenige deutsche Pflegekräfte publizistisch erreicht und
beeinflusst. Er verstarb in Stuttgart am 26. Februar 1984.
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Quellen
und Literatur
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Fritz,
Emil: Die Krankenpflege in Gesetz und Recht. Gesetzessammlung für
Schwestern und Krankenpfleger. Staude, Osterwieck und Berlin 1937
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Fritz,
Emil: Der Krankenpflegeunterricht in Frage und Antwort. Staude,
Osterwieck und Berlin 1942
-
Fritz,
Emil und Schüssler, Peter Franz: Das Tarif- und
Dienstordnungsrecht der öffentlichen und privaten Angestellten
im Gesundheitswesen, 2. Aufl. Staude, Osterwieck und Berlin 1942
-
Katscher,
Liselotte: Krankenpflege und Drittes Reich". Der Weg der
Schwesternschaft des Evangelischen Diakonievereins 1933-1939, 2.
Auflage. Diakonie-Verlag, Reutlingen 1994
-
Kruse,
Anna Paula: Die Krankenpflegeausbildung seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts. Kohlhammer Studienbücher, Berufskunde II. W.
Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1987
-
Mamier,
Iris und Wolff, Horst-Peter: Olga von Lersner und die
Schwesternschule der Universität Heidelberg aus dem Blickwinkel
gesamtdeutscher Pflegegeschichte. In: Beiträge zur
Pflegegeschichte in Deutschland (Teil III). Heft 7 der Schriften aus
dem Institut für Pflegegeschichte. Qualzow 1996, Seite 1-18
-
Sanitätswarte,
Heft 2 / 1946, Sonderdruck aus Jahrgang 1948, Heft 4/ 1948,
Sonderdruck aus Jahrgang 1957
-
Steppe,
Hilde (Hrsg.): Krankenpflege im Nationalsozialismus, 8. Auflage.
Mabuse, Frankfurt / M., 1996
-
Struzina,
Heike und Zipter, Ursula: Untersuchungen zur Geschichte der
freigewerkschaftlichen Schwesternschaft der Reichssektion
Gesundheitswesen und des FDGB und ihre Bedeutung für die
berufsethische Erziehung von Krankenschwestern in der medizinischen
Fachschulausbildung der DDR. Diplomarbeit (Mskr.), Abteilung
Medizinpädagogik des Bereichs Medizin (Charité) der
Humboldt- Universität zu Berlin, 1985
-
Wolff,
Horst-Peter: Grundzüge einer Geschichte der Medizinpädagogik
des 18. Und 19. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung
des Territoriums der Deutschen Demokratischen Republik. Historischer
Beitrag zur Objektivierung der Beziehungen zwischen Ziel, Inhalt und
Methode des medizinischen Unterrichts und zur Theorie der effektiven
Gestaltung pädagogischer Prozesse im Bereich des Gesundheits-
und Sozialwesens. (Mskr.) Pädagogische Dissertation,
Humboldt-Universität zu Berlin, 1978
-
Wolff,
Horst-Peter und Kalinich, Arno: Zur Geschichte der Krankenanstalten
in Berlin-Buch. Edition Hentrich, Berlin 1996
Zimmermann,
Rüdiger: 100 Jahre ÖTV. Biographien. Union-Druckerei,
Frankfurt / M. 1996
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